H. D. Rühmann - Retrospektive "djun-leb": Zur Büchse der Pandora
"Einzig zurück blieb die Hoffnung."
Der Einzelne hofft auf ein besseres Leben.
Wir alle hoffen auf eine bessere Welt.
Wir fliegen mit Raketen ins All. – Warum?
Auf der Suche nach einer anderen Welt?
Oder auf der Suche nach uns selbst?
Der Einzelne hofft auf ein besseres Leben.
Wir alle hoffen auf eine bessere Welt.
Wir fliegen mit Raketen ins All. – Warum?
Auf der Suche nach einer anderen Welt?
Oder auf der Suche nach uns selbst?
Um diese Fragen ging es in einem Vortrag von
H.D. Rühmann am 12. Januar 2006 in der Hamburger Kunsthalle:
H.D. Rühmann am 12. Januar 2006 in der Hamburger Kunsthalle:
»Es ist eine Illusion zu glauben, die Erde mit Raketen verlassen zu können.«
An einem solchen Satz bilden sich Glaubensgemeinschaften. Liebhaber der Musik, der Poesie und der bildenden Kunst muß man nicht darüber aufklären: »Das All ist in uns«.
An einem solchen Satz bilden sich Glaubensgemeinschaften. Liebhaber der Musik, der Poesie und der bildenden Kunst muß man nicht darüber aufklären: »Das All ist in uns«.
Ich möchte aber auch nicht an den Wissenschaften vorbeireden. Gerade Wissenschaftler wissen: »Jede Raumfahrt ist endlich«. Denn ihr Credo ist ja die Endlichkeit. Vor diesem Hintergrund also wollen wir mit Hilfe von Raumschiffen und Sonden die Erde verlassen? Wozu? Um eines Tages anderswo im All siedeln zu können?
Naturwissenschaftler mögen nüchterne Menschen sein, Pragmatiker, zumindest sind sie stark an einer Technik interessiert, von hier nach dort zu kommen. Aber sie spielen in der Raumfahrt bewußt aus, was man "die Unendlichkeit des Raumes" nennt, bzw. was die Unendlichkeit des Raumes ist. Sie spielen mit der Unendlichkeit wie Trickkünstler.
Es ist phänomenal: Scheinbar durch und durch technisch-nüchtern veranlagte Menschen spielen mit den Vorstellungen der Religionen, der Mythen und der Dichter, um ihre reale Okkupation des Raumes vornehmen zu können. Zu Beginn der europäischen Raumfahrt berichteten Zeitungen von dem Ausruf des deutschen Astronauten Ulf Mehrboldt, als er die Erde im Orbit von außen betrachtete: »Die Erde ist blau so blau es ist mit Worten nicht zu beschreiben.« Unser blauer Planet, das Luzide, Durchscheinende einer möglichen anderen Dimension der Erde - hier kamen die Worte nicht aus dem Mund eines Mystikers, Gottsuchers oder Poeten, hier kamen die Worte unbeholfen aus dem Mund eines Wissenschaftlers und Astronauten. Das »Wunder der Schöpfung« wird staunend und stammelnd zitiert und bewahrheitet, während man mit dem Gedanken spielt, diese Schöpfung zu verlassen, weil wir sie schneller verbrauchen als sie uns anvertraut ist.
Es gab und gibt so etwas wie einen Wettlauf der Systeme zwischen Religion und Wissenschaft, den die Religion in Europa verloren hat. An diesen Wettkampf erinnert man sich am besten mit den scheinbar dümmsten Anekdoten: Juri Gagarin - als sowjetischer Kosmonaut der erste Mensch im All - meldete im April 1961, er habe Gott nicht gesehen.
So dumm ist diese Argumentation gar nicht. Ungläubig ist der, der nur glaubt, was er sieht, bzw. was sich beweisen läßt. Das ist nicht nur naturwissenschaftlicher Standard, das ist naturwissenschaftliche Übermacht.
Was hat der Poet da noch zu melden?
II.
In Europa erfährt das Religiöse zur Zeit eine Renaissance. Es kommt hier zu zuvor undenkbaren Kooperationen. Jürgen Habermas und sein Stab diskutierten mit Josef Kardinal Ratzinger, dem heutigen Papst, die gemeinsamen Grundlagen ihrer Humanologie. Ohne die Bedrohung des Humanen, durch die Rücksichtslosigkeit des technologisch Machbaren, wäre dieser Diskurs der zuvor verfeindeten Brüder unvorstellbar.
Die Romantiker wandten sich bereits zu Beginn des 19. Jh. der Religion zu als einer Walterin der Phantasie, der inneren Paradiese. Rückblickend möchte man meinen, die Romantiker taten das in Vorausahnung und in der Abwendung vom Kommenden. Erst nachfolgende Generationen hatten das 20. Jh. dann zu erleiden. Wir sind noch Zeitgenossen der Desaster, wobei die Zerstörungen im Frieden nicht geringer sind als die in den Kriegen. Technologischer Fortschritt gebärdet sich unter unseren Händen im Frieden oft so aggressiv wie Zerstörung im Krieg - und dies umso gründlicher, je effektiver die technischen Mittel sind.
Gegenwärtig stehen alle kulturellen, sozialen, politischen, ökonomischen, ethischen Verfaßtheiten von uns Menschen zur Disposition. Beinah alles kulturell Entwickelte, Gewordene - ich meine unser Sprechen, Denken, Fühlen und Handeln, wird durch Technologie ersetzt und die Beziehung oder das Zwischen-Uns durch ein Know-how des technologischen Verkehrs.
Gemessen an der Totalität des technologisch Machbaren, seiner kapitalen Raserei, seiner politischen Durchsetzung ist die Innere Dimension unseres Alls, die menschliche Seele, nur noch Schein, etwas für Narren. Gemessen an der Faktizität des Technologischen, seiner Dominanz, ja seiner Besatzungsmacht, ist der Künstler, der sich noch auf die Dimensionen unseres inneren Alls beruft, nur mehr ein Narr.
In der Berichterstattung über den Diskurs zwischen Jürgen Habermas und Josef Kardinal Ratzinger las ich den Satz des Kardinals, der auch wie der Satz eines Narren klingt: »Wir müssen zu unserem Nachteil handeln.« Ich lege Ihnen diesen Satz einfach mal in den Mund. Sie sollen also zu Ihrem Nachteil handeln, sagt der Chef der katholischen Kirche. Ich bin beeindruckt, mit welchem Gespür für Realitäten der Kardinal das ausdrückt. Er streicht einfach den Satz von der Nächstenliebe, wissend, daß der von uns abperlt. Er sagt an die Adresse von uns "Händlern des eigenen Vorteils": Ihr sollt zu eurem Nachteil handeln. Wir verstehen sofort, daß wir das nicht wollen!
Naturwissenschaftler mögen nüchterne Menschen sein, Pragmatiker, zumindest sind sie stark an einer Technik interessiert, von hier nach dort zu kommen. Aber sie spielen in der Raumfahrt bewußt aus, was man "die Unendlichkeit des Raumes" nennt, bzw. was die Unendlichkeit des Raumes ist. Sie spielen mit der Unendlichkeit wie Trickkünstler.
Es ist phänomenal: Scheinbar durch und durch technisch-nüchtern veranlagte Menschen spielen mit den Vorstellungen der Religionen, der Mythen und der Dichter, um ihre reale Okkupation des Raumes vornehmen zu können. Zu Beginn der europäischen Raumfahrt berichteten Zeitungen von dem Ausruf des deutschen Astronauten Ulf Mehrboldt, als er die Erde im Orbit von außen betrachtete: »Die Erde ist blau so blau es ist mit Worten nicht zu beschreiben.« Unser blauer Planet, das Luzide, Durchscheinende einer möglichen anderen Dimension der Erde - hier kamen die Worte nicht aus dem Mund eines Mystikers, Gottsuchers oder Poeten, hier kamen die Worte unbeholfen aus dem Mund eines Wissenschaftlers und Astronauten. Das »Wunder der Schöpfung« wird staunend und stammelnd zitiert und bewahrheitet, während man mit dem Gedanken spielt, diese Schöpfung zu verlassen, weil wir sie schneller verbrauchen als sie uns anvertraut ist.
Es gab und gibt so etwas wie einen Wettlauf der Systeme zwischen Religion und Wissenschaft, den die Religion in Europa verloren hat. An diesen Wettkampf erinnert man sich am besten mit den scheinbar dümmsten Anekdoten: Juri Gagarin - als sowjetischer Kosmonaut der erste Mensch im All - meldete im April 1961, er habe Gott nicht gesehen.
So dumm ist diese Argumentation gar nicht. Ungläubig ist der, der nur glaubt, was er sieht, bzw. was sich beweisen läßt. Das ist nicht nur naturwissenschaftlicher Standard, das ist naturwissenschaftliche Übermacht.
Was hat der Poet da noch zu melden?
II.
In Europa erfährt das Religiöse zur Zeit eine Renaissance. Es kommt hier zu zuvor undenkbaren Kooperationen. Jürgen Habermas und sein Stab diskutierten mit Josef Kardinal Ratzinger, dem heutigen Papst, die gemeinsamen Grundlagen ihrer Humanologie. Ohne die Bedrohung des Humanen, durch die Rücksichtslosigkeit des technologisch Machbaren, wäre dieser Diskurs der zuvor verfeindeten Brüder unvorstellbar.
Die Romantiker wandten sich bereits zu Beginn des 19. Jh. der Religion zu als einer Walterin der Phantasie, der inneren Paradiese. Rückblickend möchte man meinen, die Romantiker taten das in Vorausahnung und in der Abwendung vom Kommenden. Erst nachfolgende Generationen hatten das 20. Jh. dann zu erleiden. Wir sind noch Zeitgenossen der Desaster, wobei die Zerstörungen im Frieden nicht geringer sind als die in den Kriegen. Technologischer Fortschritt gebärdet sich unter unseren Händen im Frieden oft so aggressiv wie Zerstörung im Krieg - und dies umso gründlicher, je effektiver die technischen Mittel sind.
Gegenwärtig stehen alle kulturellen, sozialen, politischen, ökonomischen, ethischen Verfaßtheiten von uns Menschen zur Disposition. Beinah alles kulturell Entwickelte, Gewordene - ich meine unser Sprechen, Denken, Fühlen und Handeln, wird durch Technologie ersetzt und die Beziehung oder das Zwischen-Uns durch ein Know-how des technologischen Verkehrs.
Gemessen an der Totalität des technologisch Machbaren, seiner kapitalen Raserei, seiner politischen Durchsetzung ist die Innere Dimension unseres Alls, die menschliche Seele, nur noch Schein, etwas für Narren. Gemessen an der Faktizität des Technologischen, seiner Dominanz, ja seiner Besatzungsmacht, ist der Künstler, der sich noch auf die Dimensionen unseres inneren Alls beruft, nur mehr ein Narr.
In der Berichterstattung über den Diskurs zwischen Jürgen Habermas und Josef Kardinal Ratzinger las ich den Satz des Kardinals, der auch wie der Satz eines Narren klingt: »Wir müssen zu unserem Nachteil handeln.« Ich lege Ihnen diesen Satz einfach mal in den Mund. Sie sollen also zu Ihrem Nachteil handeln, sagt der Chef der katholischen Kirche. Ich bin beeindruckt, mit welchem Gespür für Realitäten der Kardinal das ausdrückt. Er streicht einfach den Satz von der Nächstenliebe, wissend, daß der von uns abperlt. Er sagt an die Adresse von uns "Händlern des eigenen Vorteils": Ihr sollt zu eurem Nachteil handeln. Wir verstehen sofort, daß wir das nicht wollen!
Unternehmen djun-leb 1985:
Übertragungsbild an die Bodenstation.
Artonaut djun - H. D. Rühmann in seiner
Raumkiste über d. Hamburger Kunsthalle.
Aufs Bild klicken für weitere Infos.
Übertragungsbild an die Bodenstation.
Artonaut djun - H. D. Rühmann in seiner
Raumkiste über d. Hamburger Kunsthalle.
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Ich bin kein Christ und ich sehe keinen Nachteil darin, das All nicht zu erobern, sondern die Dimension des Äußeren Alls zu empfangen und die Dimension unseres inneren Alls zu entwickeln. Der Antagonismus zwischen Naturwissenschaft / Technologie auf der einen Seite und Religion, Poesie, Mythologie auf der anderen Seite läßt sich schöpferisch machen, sobald ein Diskurs zwischen ihnen beginnt und ein gemeinsames -gleichberechtigtes Handeln im konkreten Fall.
Hier setzt mein neues Projekt "Büchse der Pandora" an, worauf ich aber noch zu sprechen komme.
III.
Als Künstler empfange ich die äußeren Impulse des Faktischen ebenso wie die inneren Signale meiner Intuitionen. Für mich stellen sich die Verhältnisse so dar: Angesichts der Totalität des technologisch Machbaren ist ein Mensch zuerst einmal ein arbeitsloser Mensch oder ein von der Freiheit des Marktes Enteigneter. Verglichen mit der Professionalität, die Arbeit hat und Geld und Macht, ist ein Mensch nur noch ein Narr, ein anachronistisches Individium. Dieser Situation zwischen dem, was ein Mensch ist und jener Professionalität, die weiß, wie ein Mensch funktioniert, wie überhaupt alles funktioniert, und es nachbauen will, es stimulieren usw., suche ich mit dem Projekt "Büchse der Pandora" einen Raum zu geben, einen gemeinsamen Entwicklungs - und Veränderungsraum.
IV.
Wenn ich den Eindruck erwecke, ich sei ein Technikfeind, stimmt das nicht. Mir geht es hier um ein Gleichgewicht. Es herrscht ein derartiges Übergewicht des Technischen / Materiellen, daß ich als Künstler dafür Sorge trage, daß die Waagschale des Geistigen sich wieder mit der Waagschale des Materiellen / Technischen auf gleiche Höhe einpendelt.
Unser Pyramidendenken ist von unten nach oben ausgerichtet, wir denken von unten nach oben. Entsprechend steuert dies unser Handeln und bildet auch unser Bewusstsein.
Unsere Ausflüge in den Weltraum sind Flüge im Vakuum der verlängerten Pyramide. So erreichen wir entfernte Ziele, in abmeßbaren Strecken, aber andere Dimensionen bleiben uns verschlossen. Nach geistigen Gesichtspunkten sind diese Raumflüge so bedeutend oder unbedeutend wie Busfahrten von einer Station zur anderen. Mit ungeheurem Kraft- und Energieaufwand treiben wir unsere Raumflüge und ihre technische Weiterentwicklung voran. Dabei laufen die technische und die geistige Entwicklung getrennt nebeneinander her. Technisch stehen wir großartig da, aber geistig stehen wir wieder an einem Anfang.
Wir können, wenn wir es wollen, unser Sinnbild der Pyramide umkehren. Die sinnbildliche Umkehrung unseres Pyramidendenkens ist der sich nach oben öffnende Trichter. – Eine andere Dimension. Ich darf das "Nicht–Tun" als produktiv, als etwas "Nicht–Getanes" würdigen. Ich darf einen Gedanken allein stehen lassen, als das was er ist, ihn erhalten: einen Gedanken. Die sinnbildliche Umkehr der Pyramide ist die Umkehr von der Schwere in das Leichte. Eine gleichberechtigte, geistige Präsenz würde die Raumfahrt womöglich ad Absurdum führen, die Raketen wären für die Leichtigkeit unsres Alls zu schwer.
Die normative Kraft des Geistigen ist über einen langen Zeitraum gebrochen worden. In Europa haben das Christentum und die Metaphysik der Philosophen ihren Einfluß verloren auf das Selbstverständnis des europäischen Menschen, des Menschen eines idealen Wesens. Die Ergebnisse auf der einen Seite sind die Entwicklung individueller Freiheit und technische Wunderwerke. Auf der anderen Seite eine Zerstörung alter Kulturen und im Individuellen ein Desaster der Emotionen, der geistigen und seelischen Realitäten, ein Desaster der Identifikationen mit dem, was ein Mensch ist. Ich erzähle Ihnen hier nichts Neues. Aber es ist wichtig, daß wir das klar aussprechen.
Zum Beispiel wird in der Öffentlichkeit die einfache Tatsache, die jeder weiß, nicht ausgesprochen: ein großes Heer der Arbeitslosen wird nie wieder Arbeit finden, keine Arbeit in der der Autoindustrie, Verpackungsindustrie, welcher Industrie auch immer oder im Angestelltenwesen. Die Fortschritte der Kybernetik, der Regeltechnik, und der Informationstechnik setzen menschliche Arbeit frei, befreien Menschen von der so genannten Erwerbsarbeit. Und dieser Prozeß geht weiter. Die heute arbeitslos sind und es morgen sein werden, sind von der Arbeit befreit worden. Und man weiß jetzt nicht wozu. Hier eine Antwort finden, was wir sind, wer wir sind: Sind wir aus der Erwerbsarbeit Entlassene oder sind wir aus der Erwerbsarbeit Befreite?
Ich spreche davon, die geistige Dimension unseres Lebens für uns alle wieder ins Spiel zu bringen, die an der Priorität der technologischen Machbarkeit dessen, was menschliche Phantasie sich ausdachte, verloren gegangen ist. Ich möchte die Narren das sind wir Menschen mit unseren Sehnsüchten, Träumen, Fragen, Phantasien, Bildern, Vorstellungen - und die Profis, die Fachleute, die Technologen, die Rationalisten jedes Bereichs zusammen ins Gespräch und zum Handeln bringen: an einem realen öffentlichen Projekt.
Das Projekt heißt: "Büchse der Pandora".
Es ist von seiner Funktion her unbrauchbar, technisch ungelöst. Zur Inhaltlichkeit hat es die geistige Dimension des Menschen, in seinem erzählerischen Kern steckt der universale Mythos von Prometheus und es hat den ursprünglich öffentlichen Charakter der Polis.
Mit dem Mythos von Prometheus stelle ich die universelle Figur eines schöpferischen Gottes und Menschenfreundes, eines Künstlers, Strategen und Erfinders in den Mittelpunkt eines öffentlichen Projekts: Vielleicht ein Bauwerk, vielleicht auch nur gedachtes Bild.
[Ein Vorbild für ein öffentliches Bauwerk sind wiederum die Kathedralen des Mittelalters. Die Kathedralen des Mittelalters sind in Europa die letzten großen öffentlichen und allgemeinen Manifestationen kollektiver geistiger Bauten.]
Mit dem Projekt "Büchse der Pandora" können wir wieder von vorne anfangen, uns die Geschichte des Menschen und seine Bestimmung neu erzählen.
Ich bin nun am Ende meines Vortrags und möchte zu diesem neuen Projekt noch eine kurze Anmerkung machen: Als Künstler verstehe ich mich in diesem Projekt als Initiator, Impulsgeber oder Moderator. Die eigentlichen Schaffenden sind Sie, ist die Öffentlichkeit! Der Internetauftritt ist zur Zeit das wichtigste Organ des Projekts, in dem Sie in einer Art Forum Ihre Gedanken und Ideen dem Projekt als Beitrag, als Impuls eingeben können. "Büchse der Pandora" ist ein noch junges Projekt, zeitlich unbegrenzt, wann oder ob es zu einem Ende kommen wird, ist jetzt nicht zu sagen. Gehen Sie ins Internet unter www.buechse-der-pandora-de.
Ich danke für Ihr Intereresse!
H.D. Rühmann
[Informationen zum "Unternehmen djun-leb - Erster Artonaut im deutschen All" von 1985 finden Sie in der Biografie von H. D. Rühmann.]
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Hier setzt mein neues Projekt "Büchse der Pandora" an, worauf ich aber noch zu sprechen komme.
III.
Als Künstler empfange ich die äußeren Impulse des Faktischen ebenso wie die inneren Signale meiner Intuitionen. Für mich stellen sich die Verhältnisse so dar: Angesichts der Totalität des technologisch Machbaren ist ein Mensch zuerst einmal ein arbeitsloser Mensch oder ein von der Freiheit des Marktes Enteigneter. Verglichen mit der Professionalität, die Arbeit hat und Geld und Macht, ist ein Mensch nur noch ein Narr, ein anachronistisches Individium. Dieser Situation zwischen dem, was ein Mensch ist und jener Professionalität, die weiß, wie ein Mensch funktioniert, wie überhaupt alles funktioniert, und es nachbauen will, es stimulieren usw., suche ich mit dem Projekt "Büchse der Pandora" einen Raum zu geben, einen gemeinsamen Entwicklungs - und Veränderungsraum.
IV.
Wenn ich den Eindruck erwecke, ich sei ein Technikfeind, stimmt das nicht. Mir geht es hier um ein Gleichgewicht. Es herrscht ein derartiges Übergewicht des Technischen / Materiellen, daß ich als Künstler dafür Sorge trage, daß die Waagschale des Geistigen sich wieder mit der Waagschale des Materiellen / Technischen auf gleiche Höhe einpendelt.
Unser Pyramidendenken ist von unten nach oben ausgerichtet, wir denken von unten nach oben. Entsprechend steuert dies unser Handeln und bildet auch unser Bewusstsein.
Unsere Ausflüge in den Weltraum sind Flüge im Vakuum der verlängerten Pyramide. So erreichen wir entfernte Ziele, in abmeßbaren Strecken, aber andere Dimensionen bleiben uns verschlossen. Nach geistigen Gesichtspunkten sind diese Raumflüge so bedeutend oder unbedeutend wie Busfahrten von einer Station zur anderen. Mit ungeheurem Kraft- und Energieaufwand treiben wir unsere Raumflüge und ihre technische Weiterentwicklung voran. Dabei laufen die technische und die geistige Entwicklung getrennt nebeneinander her. Technisch stehen wir großartig da, aber geistig stehen wir wieder an einem Anfang.
Wir können, wenn wir es wollen, unser Sinnbild der Pyramide umkehren. Die sinnbildliche Umkehrung unseres Pyramidendenkens ist der sich nach oben öffnende Trichter. – Eine andere Dimension. Ich darf das "Nicht–Tun" als produktiv, als etwas "Nicht–Getanes" würdigen. Ich darf einen Gedanken allein stehen lassen, als das was er ist, ihn erhalten: einen Gedanken. Die sinnbildliche Umkehr der Pyramide ist die Umkehr von der Schwere in das Leichte. Eine gleichberechtigte, geistige Präsenz würde die Raumfahrt womöglich ad Absurdum führen, die Raketen wären für die Leichtigkeit unsres Alls zu schwer.
Die normative Kraft des Geistigen ist über einen langen Zeitraum gebrochen worden. In Europa haben das Christentum und die Metaphysik der Philosophen ihren Einfluß verloren auf das Selbstverständnis des europäischen Menschen, des Menschen eines idealen Wesens. Die Ergebnisse auf der einen Seite sind die Entwicklung individueller Freiheit und technische Wunderwerke. Auf der anderen Seite eine Zerstörung alter Kulturen und im Individuellen ein Desaster der Emotionen, der geistigen und seelischen Realitäten, ein Desaster der Identifikationen mit dem, was ein Mensch ist. Ich erzähle Ihnen hier nichts Neues. Aber es ist wichtig, daß wir das klar aussprechen.
Zum Beispiel wird in der Öffentlichkeit die einfache Tatsache, die jeder weiß, nicht ausgesprochen: ein großes Heer der Arbeitslosen wird nie wieder Arbeit finden, keine Arbeit in der der Autoindustrie, Verpackungsindustrie, welcher Industrie auch immer oder im Angestelltenwesen. Die Fortschritte der Kybernetik, der Regeltechnik, und der Informationstechnik setzen menschliche Arbeit frei, befreien Menschen von der so genannten Erwerbsarbeit. Und dieser Prozeß geht weiter. Die heute arbeitslos sind und es morgen sein werden, sind von der Arbeit befreit worden. Und man weiß jetzt nicht wozu. Hier eine Antwort finden, was wir sind, wer wir sind: Sind wir aus der Erwerbsarbeit Entlassene oder sind wir aus der Erwerbsarbeit Befreite?
Ich spreche davon, die geistige Dimension unseres Lebens für uns alle wieder ins Spiel zu bringen, die an der Priorität der technologischen Machbarkeit dessen, was menschliche Phantasie sich ausdachte, verloren gegangen ist. Ich möchte die Narren das sind wir Menschen mit unseren Sehnsüchten, Träumen, Fragen, Phantasien, Bildern, Vorstellungen - und die Profis, die Fachleute, die Technologen, die Rationalisten jedes Bereichs zusammen ins Gespräch und zum Handeln bringen: an einem realen öffentlichen Projekt.
Das Projekt heißt: "Büchse der Pandora".
Es ist von seiner Funktion her unbrauchbar, technisch ungelöst. Zur Inhaltlichkeit hat es die geistige Dimension des Menschen, in seinem erzählerischen Kern steckt der universale Mythos von Prometheus und es hat den ursprünglich öffentlichen Charakter der Polis.
Mit dem Mythos von Prometheus stelle ich die universelle Figur eines schöpferischen Gottes und Menschenfreundes, eines Künstlers, Strategen und Erfinders in den Mittelpunkt eines öffentlichen Projekts: Vielleicht ein Bauwerk, vielleicht auch nur gedachtes Bild.
[Ein Vorbild für ein öffentliches Bauwerk sind wiederum die Kathedralen des Mittelalters. Die Kathedralen des Mittelalters sind in Europa die letzten großen öffentlichen und allgemeinen Manifestationen kollektiver geistiger Bauten.]
Mit dem Projekt "Büchse der Pandora" können wir wieder von vorne anfangen, uns die Geschichte des Menschen und seine Bestimmung neu erzählen.
Ich bin nun am Ende meines Vortrags und möchte zu diesem neuen Projekt noch eine kurze Anmerkung machen: Als Künstler verstehe ich mich in diesem Projekt als Initiator, Impulsgeber oder Moderator. Die eigentlichen Schaffenden sind Sie, ist die Öffentlichkeit! Der Internetauftritt ist zur Zeit das wichtigste Organ des Projekts, in dem Sie in einer Art Forum Ihre Gedanken und Ideen dem Projekt als Beitrag, als Impuls eingeben können. "Büchse der Pandora" ist ein noch junges Projekt, zeitlich unbegrenzt, wann oder ob es zu einem Ende kommen wird, ist jetzt nicht zu sagen. Gehen Sie ins Internet unter www.buechse-der-pandora-de.
Ich danke für Ihr Intereresse!
H.D. Rühmann
[Informationen zum "Unternehmen djun-leb - Erster Artonaut im deutschen All" von 1985 finden Sie in der Biografie von H. D. Rühmann.]
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